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#fairteilen

Astrid Maria Rappel,
was ist ›fair‹?

»who made my space?« / Architekturvermittlerin für »a*k architektur*kultur«

Leitmotiv /
»Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlungen die angemessene Lebensfähigkeit und Integrität der Menschheit und der nichtmenschlichen Natur nicht zerstören.« (Hans Jürgen Münk, Umweltethik, in: Neues Lexikon der christlichen Moral, Innsbruck–Wien, 1990)

[Porträt Roberta Valerio]

Was bedeutet für Dich fair?

Astrid Maria Rappel / »›Fair‹ heißt für mich gerecht, niemandem zum Nachteil, keinem anderen Menschen und nicht der Natur.
Nur wirklich gerecht kann es nie zugehen: denn die Chancenungleichheit begleitet uns von der ersten Sekunde unseres Lebens an – ungleiche Chancen durch den Ort, an dem wir geboren werden, durch die Familie in die wir geboren werden, ungleiche Chancen durch unsere Hautfarbe, unser Geschlecht, unsere Gesundheit… das Leben ist ›unfair‹.
Gerechtes und somit faires Handeln heißt für mich also nicht, diese Ungleichheit zu beheben – denn das ist leider unmöglich –, sondern sich dieser, uns ständig begleitenden Ungleichheit und somit Ungerechtigkeit bewusst zu sein und zu versuchen, sie nicht noch weiter zu verstärken, im besten Fall ihr entgegenzuwirken, nach bestem Wissen und Gewissen.«

Was zeichnet für Dich
faire Architektur aus?

AR / »›Faire Architektur‹ ist für mich, wie auch alle anderen fairen Dinge, ein Ergebnis des Handelns oder Produzierens von Menschen, die sich ihrer Verantwortung – ich möchte sie ›Schöpfungs-Verantwortung‹ nennen – bewusst sind, und die nicht auf Kosten anderer oder der Natur agieren.
Faire Architektur entsteht dann, wenn sich alle Planungsbeteiligten darum bemühen, nach bestem Gewissen die Bedürfnisse von Mensch und Umwelt im Blick zu haben, Allgemeinwohn und Langlebigkeit über den eigenen Profit und das Image zu stellen, und sich zugleich der eigenen Kompetenzen und deren Grenzen im Klaren zu sein.«

Was ist für Dich
faire Architekturkommunikation?

AR / »Bei fairer Architekturkommunikation ist die Sachlage noch komplexer; denn es stellt sich die Frage: Muss die Architektur selbst »fair« sein, damit auch ihre Kommunikation »fair« sein kann? Oder reicht es, dass die Kommunikation selbst ehrlich, transparent und richtig ist, soweit die Kommunizierenden das selbst beurteilen können?
Die Aufgabe der Kommunikator:innen ist es, eine Architektur und eine architektonische Haltung zu vermitteln, die im besten Fall der eigenen entspricht, und zugleich den aktuellen gesellschaftlichen Anforderungen gerecht wird: ökologisch, sozial nachhaltig, fair…
Aber ist es so? Wird nicht häufig viel und scheinbar transparent und authentisch über Architektur kommuniziert und bei der Architektur selbst handelt es sich – wenn man hier ehrlich ist – so gut wie kaum um ökologisch und sozial nachhaltige Architektur? Werden die meisten der neu gelabelten, CO2-armen, grünen Architekturen ansatzweise ihrem Auftreten gerecht? Und ist damit auch die Kommunikation darüber überhaupt noch »fair«? Deshalb steht die Architekturkommunikation – wie die vieler anderer Branchen – in einem Dilemma.
Es wird viel über ESG kommuniziert: Firmen bemühen sich darum, sich einen verantwortlichen Anstrich zu geben, sicherlich ehrlich gemeint, aber häufig nicht ehrlich umgesetzt, und wenn, dann nicht aus reiner Nächsten- oder Naturliebe. Und wir, die Kommunikator:innen, helfen dabei. Wir sollten uns deshalb unserer Verantwortungsrolle bewusst sein und genau prüfen, ob wir eine »faire« Architekturvermittlung betreiben, die die Architektur und die daran Beteiligten auch genau in Augenschein nimmt und überprüft, ob wir wirklich dafür stehen können, was wir weitergeben. Außerdem sollten wir uns selbst die Frage stellen, ob der Zweck unserer Kommunikation mehr ist als eine große und positive Sichtbarkeit für das Unternehmen, das wir vertreten, und für uns selbst – nämlich ein relevanter Mehrwert für viele.«

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